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Medizin Mittwoch, 11. April 2001

Handy-Strahlung bereitet Wissenschaftlern noch Sorgen

Bisher keine Beweise für Gesundheitsrisiken, doch es fehlt an Langzeitstudien - Anhörung der Bundesärztekammer

Von Jan-Uwe Stahr

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Mobilfunkstrahlen können zum Beispiel zu Reaktionen im Nervensystem führen - die Frage ist aber, ob das auch krank macht. Bild vergrößert darstellen
Foto: The Image Bank
Stören die elektromagnetischen Felder um Mobilfunk-Sendemasten den Schlaf und erzeugen sie Kopfschmerzen? Kann die hochfrequente Strahlung der Handy-Technik womöglich Hirntumore verursachen? Die Angst vieler Bürger vor dem Elektrosmog wächst mit dem immer dichteren Ausbau der Mobilfunknetze. Knapp 40 000 Sendeanlagen für Handys sind in Deutschland breits installiert. Für die zukünftige Mobilfunktechnik UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) dürfte sich die Zahl der Sendeanlagen noch kräftig erhöhen und damit zu einer deutlich stärkeren Belastung mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern führen. Schon jetzt vermuten viele Menschen einen Zusammenhang zwischen benachbarten Mobilfunkanlagen und ihren Befindlichkeitsstörungen.

Tatsache ist: Die elektromagnetische Belastung durch die Mobilfunk-Sendemasten, beträgt nur einen Bruchteil der gesetzlich zugelassenen Grenzwerte. Das gelte auch dann noch, so versichern die Mobilfunknetz-Betreiber, wenn ihre Sender in großer Zahl nebeneinander auf dem benachbarten Hausdach montiert sind. Dennoch wollen nicht alle Wissenschaftler ausschließen, dass die Strahlung von Sendeanlagen wie den Handys selbst auch unterhalb der zulässigen Grenzwerte biologische Effekte haben könnte.

«Ein höheres Krebsrisiko durch Mobiltelefone ist bisher nicht belegbar», betonte Professor Jürgen Bernhardt von der Strahlenschutzkommission des Bundesumweltministeriums vergangene Woche auf einer Expertenanhörung der Bundesärztekammer in Berlin. Dennoch sei es zu früh für eine Entwarnung, da noch keine Ergebnisse aus Langzeitstudien vorlägen. Ähnlich sieht es mit den vielfach beklagten Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmerzen, Ohrensausen, Schlafstörungen und Herzbeschwerden aus: Wissenschaftlich anerkannte Methoden, um eine «Elektrosensibilität» nachzuweisen, gibt es bislang nicht.

Trotz mangelnder Beweise für eine Gefahr durch die Mobilfunktechnik, warnt der Medizinphysiker Dr. Lebrecht von Klitzing von der Universität Lübeck: «Die Leute, die über Beschwerden in der Nähe von Mobilfunkanlagen klagen, müssen ernst genommen werden». Denn es gebe zumindest Hinweise darauf, dass eine lang anhaltende Mobilfunkstrahlung die Blut-Hirn-Schranke durchlässiger macht und somit schädliche Substanzen aus dem Blutkreislauf ins Gehirn eindringen könnten. Und auch bei kurzzeitiger Bestrahlung ließen sich Reaktionen des Nervensystems, der elektrischen Hirn- und Herzströme sowie der Hautdurchblutung beobachten. Das Problem bei den Mobilfunksendern, die wesentlich schwächer strahlen als etwa Fernseh- und Radiosender, sind womöglich die im Millisekunden-Abstand «gepulsten» Signale. Der Lübecker Strahlenforscher warnt deshalb auch vor schnurlosen Haus-Telefonen, die mit ähnlicher Technik arbeiten. Die zukünftigen UMTS-Sender könnten das Problem der gepulsten Stahlung aber vermeiden. Sie sollen gleichmäßiger abstrahlen, als die bisherige Technik, sagen die Netzbetreiber, die Milliarden in diese Technik investieren wollen.

Wegen der bisher nicht restlos aufgeklärten Strahlenwirkung wird die Diskussion um die Handys wohl in Zukunft noch weitergehen. Verbraucher- und Umweltverbände fordern, die bisherigen Grenzwerte für die zulässige elektromagnetische Strahlenbelastung deutlich zu senken und Sendemasten vorsorglich nicht in unmittelbarer Nähe von Schulen und Kindergärten zu installieren. Die Mobilfunkbetreiber warnen dagegen, mit einer unsachlichen Diskussion um eine vermeintliche Strahlengefahr Umweltängste zu schüren, die auch zu den erwähnten Befindlichkeitsstörungen führen könnten. «Wir sind nach heutiger Einschätzung sicher, dass Mobilfunk eine sichere Technik ist», bekräftigte Fritz Lauer von T-Mobil auf der Anhörung der Bundesärztekammer. Je dichter das Netz der Sendeanlagen ausgebaut ist, so betonen die Betreiber, desto geringer könne die Sendeleistung des einzelnen Mobilfunk-Geräts ausgelegt werden. Das ist nicht ganz unwichtig, denn die Strahlungsbelastung durch die Handys selber ist wegen ihrer Körpernähe deutlich höher als die des Sendemasts auf dem benachbarten Hausdach.

 

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